Geschichte

Trewwerer Kerb / Kerweborsch vun de Tornhall

Die Treburer Laurentiuskirche
Die Treburer Laurentiuskirche

 

Das Kirchweihfest oder die Kerb, wie sie in vielen Gemeinden unseres Rieds genannt wird, ist ein traditionsreiches Fest, das an die „Weihe der Kirche" erinnern soll. Da die Treburer Kirche nach dem heiligen Laurentius geweiht wurde, wird unsere Kerb jeweils am Laurentiustag (10. August) oder am Sonntag danach gefeiert.

 

Die Turnhalle bei ihrer Einweihung 1927
Die Turnhalle bei ihrer Einweihung 1927

Seit dem bestehen der Turnhalle wird beim Treburer Turnverein die Kerb gebührend gefeiert. Der Verein wird dabei alljährlich von den aktiven Kerweborsch unterstütz. Obwohl die Kerweborsch noch nie eine Sparte des TV 1886 waren, sind sie damals wie auch heute aus dem Vereinsleben nicht wegzudenken.
Im Jahr der Turnhallenerbauung 1927 wurde die Kerwetradition beim Turnverein durch den damaligen Kerwevatter Peter Bonn ins Leben gerufen. Viele schhöne Sitten und Gebräuche aus der damaligen Zeit werden auch heute noch von den Kerweborsch gehegt und gepflegt. Leider wurde auch diese schöne Epoche durch die Kriegseinflüsse und deren Nachwirkungen für viele Jahre unterbrochen.

 

Kerwekomitee der 30er Jahre
Kerwekomitee der 30er Jahre

 

Nachdem der Turnvereinim Jahre 1948 wieder in Besitz seines Eigentums, der Turnhalle, gekommen war, konnten auch wieder Kerweveranstaltungen durchgeführt werden. Der Schuljahrgang 1928 feierte bereits 1947 und 1948 erstmals Kerb nach dem Krieg.

 

Seit dem Jahre 1949 führte dann der TV die Kerb mit unterstützung der Kerweborsch in eigener Regie durch. Im ersten Jahr mussten allerdings die Bestuhlung, Gläser usw. vom Gasthaus „Zum Körbchen" ausgeliehen werden.

 

Die TV Turnhalle 1952
Die TV Turnhalle 1952

Die Kerweborsch setzten sich fast auschließlich aus den aktiven Sportlern des Vereins zusammen, was heute allerdings nicht mehr die Regel ist. Zu den festen Programmpunkten der Trewwer Kerb gehörten damals schon der Kerweumzug, wobei mit Pferdefuhrwerken gefahren wurde und der jeweilige Kerwevatter hoch zu Roß voranritt. Das Sammeln der Kerweverpflegung bei der Einwohnerschaft wurde ebenfalls eingeführt und wird heute noch mit dem Sammeln fürs gemeinschaftliche Eierbacken gepflegt. Ende der fünfziger Jahre wirkte bei den Kerweumzügen der Spielmannszug des TV 1886 Trebur mit. Die Kerwekapelle stellte zu dieser Zeit Walter Alt.

 

Zum ersten Höhepunkt der Kerb zählte jedes Jahr das Schlagen der Kerwebäume im Treburer Wald und das Aufstellen vor den Gaststätte. Hier änderte sich auch das ein oder andere über die Zeit. Heute werden Freitags die Bäumchen für die Umzugsstrecke geschlagen und verteilt und Samstagsmorgens früh geht es zum Bäume holen. Diese werden dann am Alten Rathhaus, dem Kalkstübchen, bei der Feuerwehr, beim Kerwevatter und natürlich an der Turnhalle errichtet. Seit 1960 wird der größte Baum, der vor der Turnhalle steht, im Rahmen einer Tombola verlost. Erster Kerwebaumgewinner war Georg Jäger (Feldbergstraße).

 

Beim Kerwebaumgewinner 1960
Beim Kerwebaumgewinner 1960

 

Im Herbst 1960 wurde von den Kerwevätter Erwin Schmenger und Robert Galm die Zuckerrübenkerb ins Leben gerufen. Der Grund dafür war eine „festarme" Zeit zwischen der Kerb und Weihnachten. Diese Veranstaltung ist inzwischen zur festen Tradition geworden und erfreut sich großer Beliebtheit. In einer genau festgelegten Proklamation wird hierbei der neue Kerwevatter für das kommende Jahr vorgestellt, der einen Zweiliterkrug, gefüllt mit Bier, austrinken muss. Diese Proklamation leitete 20 jahre lang Erwin Schmenger. Seit 1981 werden die neuen Kerwevatter entweder von unserem Ehrenkerwevatter Herbert Fückel oder einem anderen altgediehnten Kerwevatter vorgestellt.

 

Die Kerweborsch 1960
Die Kerweborsch 1960

 

Im 75jährigen Jubiläumsjahr des Turnvereins wurde für die Kerb 1961 von Kerwevatter Dieter Reitz und seinen Kerweborschen aus eigener Tasche eine Kerweborschfahne gekauft. Diese Fahne wurde allerdings gleich am ersten Abend von einem begeisterten Kerwebesucher gestohlen. Schon ein Jahr später wurde eine noch schönere Fahne mit aufgesticktem Treburer Wappen angeschaft. Diese Fahne wird gut behütet und auch noch heute beim Kerweumzug und Einzug in die Turnhalle vorangetragen.

 

Zur Kerb 1961 spielte erstmals die neue Kerwekapelle „Otto Blaurock". Diese Kapelle sorgte 16 jahre lang in fast gleicher Bestzung für die richtige Kerwestimmung in der Turnhalle. Anfang der siebziger Jahre spielte sie dan unter ihrem neuen Namen „HS-Ensemble".

 

Erst im Jahre 1962 wurde von den Kerweborsch der musikalische Frühschoppen eingeführt, der zunächst im Jugendraum und, wegen des großen Zuspruchs, bereits ein Jahr später im Saal stattfand. Die Kapelle Blaurock spielet hierbei für den Verein kostenlos, bei den Frühschopplern wurde stattdessen eine freiwillige Spende gesammelt. Höhepunkt des Kerwefrühschoppens war seinerzeit die „Post im Walde", die Solotrompeter Hans Schäfer von der Empore aus blies.

 

Die größte Kerweborschgruppe fand sich 1963 unter Kerwevatter Volker Cavelius zusammen. Für die 33 Kerweborsch wurde ein Reh zur Strecke gebracht und auf Hof Ehrbusch Rehbraten serviert.

 

Mittlerweile gehörten die Pferdegespanne bei den Kerweborschumzügen längst der Vergangenheit an. Der Güldner-Traktor von Schmiedemeister Georg Rausch wurde viele Jahre lang vor die Kerwerolle gespannt und ging somit in die Kerwegeschichte ein. Mittelerweile bekommen wir immer wieder die Traktoren der ortsansässigen Landwirte geliehen. Im Jahre 2004 wurde eine neue Kerwerolle angeschafft, nachdem die vorherige zu viele Mängel aufwies. Wir überliesen die alte den Schmucker-Kickern und richteten in mühevoller Arbeit den neu erworbenen Toilettencontainer mit Fahrgestellt her. In den letzten Jahren machte sich vorallem Volker Götz als Fahrer mit seinem Schlepper verdient und wird daher auch auf die obligatorische Abschlussfahrt zum Saisonende mitgenommen.

 

Die aktuelle Kerweborschrolle
Die aktuelle Kerweborschrolle

 

Im laufe der Jahre hatten sich rund um Trebur viele Bauernhöfe angesiedelt, wodurch wir einen extra Sammeltag bei den „Aussiedlern" (Kerwedienstag) einrichteten.

 

Nachdem unser Altkerweborsch Herbert Lösch nach Königstädten geheiratet hatte legten die damaligen Kerweborsch dort seit 1965 auf der Rückfahrt vom Treburer Oberwald eine Rast ein. Heute kehren wir am Kerwesamstag, nachdem der Baum am Alten Rathhaus steht, im Erker ein, wo wir von der Familie Reith zu einem Essen eingeladen werden.

 

Aus der Zeit mitte der 60er stammt auch unsere traditionelle sportlich Betätigung in der Kerwewoche. Ein Fußballturnier der Kerweborsch, Altkerweborsch und Altkerwevätter sorgt immer für Heiterkeit. Die Kerwemädchen unter strenger Aufsicht der Kerwemodder sorgen im anschließenden Eierbacken dafür, dass jeder wieder zu Kräften kommt.

 

Im Jahr 1970 rief Kerwevatter Helmut Jordan alle ehemaligen Kerwevätter zusammen, um auf einem alten Erntewagen mit Pferdegespann am Umzug teilzunehmen. Das Motto lautete "Die hier auf Eisenrädern rattern, sind die alten Kerwevattern".

 

Die Turnhalle unser Stammlokal
Die Turnhalle unser Stammlokal

 

Zum festen Bestandteil jedes Kerweumzugs gehört auch die Kerwered, die an verschiedenen Stellen im Ort vorgetragen wird. Erwähnen wollen wir hiebei die früheren Verfasser der Kerwerred´, Wolfgang Kolb, Reinhold Jordan und in den letzten Jahren halfen immer mal wieder Herbert Fückel und Ralf Deja beim Sammeln der Anekdoten des Ortsgeschehens.

 

Unter der Regie von Kerwevatter Herbert Fückel konnte auch 1974 das 25jährige Kerwejubiläum nach dem Krieg gefeiert werden. Nahezu 100 Kerweborsch, ehemalige Kerweborsch und Altkerwevätter, beteiligten sich am großen Kerweumzug und marschierten anschließend gemeinsam in die Turnhalle ein. Bei der Zuckerrübenkerb im selben Jahr wurde Erwin Schmenger zum Ehrenkerwevatter ernannt.

 

Die Kerwevädder von 1949 - 1974
Die Kerwevädder von 1949 - 1974

 

Beim Kerweumzug 1975 konnte erstmal das Sechsergespann der Henniger Brauerei bewundert werden. An der Ecke Schmittgasse/Krummgasse mussten landwirtschaftliche Fahrzeuge aus dem Weg geräumt werden, damit das Gespann vorbeifahren konnte. Ab 1975 nahmen die Kerweborsch auch erstmal am Fastnachtsumzug in Astheim teil.

 

Die Kerweborsch unterstützen den TV immer wieder, so halfen die Kerweborsch von 1976 mit Kerwevatter Georg Jäger maßgeblich bei der Errichtung der Bierbar.
Ab Z-Kerb 1976 spielte als Kerwekapelle"Die Early Birds".

 

Im Jahre 1977 konnte nach dem Jubiläum 50 Jahre Turnhalle auch die Kerweborsch ihr 50jähriges Jubiläum feiern. Kerwevatter Werner Fückel organisierte einen Umzug an dem sich außer den ehemaligen Kerweborsch und Kerwevätter auch verschiedene Abteilungen der Ortsvereine beteiligten.

 

Durch die Beziehung von Kerwevatter Erich Horn nahmen die Kerweborsch 1978 erstmals an auswärtigen Kerweumzügen teil. Zum Gegenbesuch konnten wir in den folgenden Jahren Kerweborsch aus Kelsterbach, Raunheim, Hessenaue, Astheim, Walldorf, Bauschheim, Ginsheim und Crumstadt zur Trewwerer Kerb begrüßen. In den Jahren danach kamen immermal wieder Gruppen hinzu, insbesondere zu erwähnen die Griesheimer die mit ihrem eigenen Umzug einen der größten ihrer Art besitzten und natürlich die Zeller Kerweburschen aus dem Odenwald mit denen wir einen guten Kontakt pflegen.

 

Einer der größten Umzüge bewegte sich 1979 durch Trebur. Kerwevatter Hansi Jung konnte hierzu mehrere Ortsvereine und auswärtige Kerweborschgruppen gewinnen. Der wiedergegründet Fanfahrenumzug marschierte ab 1980 wieder an der Spitz des Umzugs, heute unterstützen uns musikalisch die Schwarzbach Trommler.

 

Im Jahre 1981 wechselte mal wieder die Kerweband und es kam die glorreiche Zeit der „Black Rose". Diese Formation verstand es hervorragend das Treburer Publikum zu begeistern. In den vergangen Jahren wurde immermal wieder gewechselt was die Tanzmusik an Kerb angeht, sodass es keine feste Kerweband mehr gibt.

 

Durch die Intiative von Kerwevatter Wolfgang Luley gehen die Kerweborsch seit 1983 am Kerwesonntag geschlossen in die Kirche.

 

Die Kerweborsch 1986 mit unserer Fahne
Die Kerweborsch 1986 mit unserer Fahne

 

Beim 100Jährigen Jubiläum des Turnvereins beteiligten sich die Kerweborsch sehr engagiert an der Festveranstaltung und bekundeten somit ihre enge Verbundenheit zum TV 1886.

 

1987 konnte unter Kerwevatter Bernd Becker die 60. Kerb nach Gründung gefeiert werden. Aus diesem Grunde überlegte man sich das anstehende Bestehen der Kerweborsch vun de Tornhall in Trewwer gebührend zu feiern. Dass es einen Jubiläumsabend mit Tanzkapelle und dem Einlauf der Altkerwevädder geben sollte, so wie eine Kerweborsch-Disco, war schnell klar. Auch über einen Seniorennachmittag und einen kleine Frühschoppen in der Wirtschaft wurde man sich schnell einig. Doch meinten einige, dass irgendetwas noch fehlte, um die Kameradschaft und Freundschaft zwischen den einzelnen Kerweborsch-Gruppen noch zu verbessern. Man entschloss sich nach dem Vorbild von "Spiel ohne Grenzen" einen Gaudiwettkampf zu organisieren und hierzu alle Kerweborsch-Gruppen aus dem Kreis Groß-Gerau, sowie befreundet Gruppen außerhalb des Kreises Groß-Gerau einzuladen.
Es sagten 14 Gruppen für diesen Wettkampf zu. Dies waren: Bauschheim, Bodenheim, Crumstadt, Kelsterbach, Mörfelden, Walldorf, Hassloch, Königstädten, Leeheim, Stockstadt, Hessenaue so wie, ein Stammtisch von Altkerweborsch, die Altkerwevädder und die Freiwillige Feuerwehr, die an diesem Nachmittag auch die Bewirtung übernahm.

 

Bei dem anstehenden Gaudiwettkampf galt es 5 Disziplinen zu bewältigen. Zunächst stand ein Schubkarrenrennen mit Hindernissen auf dem Programm. Der Kerwevadder einer jeder Gruppe musste sich in den Schubkarren mit einem Eimer Wasser setzen, danach ging es über eine Wippe, an der ersten Station musste eine Wurst gegessen werden. Der Schubkarren mit dem Kerwevadder war danach über Strohballen zu heben und am Ende des Parcours musste schließlich noch eine Flasche Bier getrunken werden. Viele Kerwevädder hatten an der letzten Station die Wurst noch nicht richtig verdaut und waren selbstverständlich durchnässt.
Beim zweiten Spiel mussten Strohballen mit einer Mistgabel soweit wie möglich geworfen werden. Im dritten Spiel musste mit alten ausgelatschten Gummistiefeln 3 Bälle auf eine Art Torwand geschossen werden. Beim vierten Spiel war Schnelligkeit an der Saufmaschine gefragt. Als fünfte Disziplin mussten 3 große Ring Fleischwurst auf ihr Gesamtgewicht geschätzt werden.

Bei der Siegerehrung stellte sich dann heraus, dass Crumstadt und Kelsterbach als Bestplatzierte die gleiche Punktzahl hatten, so dass ein Stechen (1 l Bier Wettsaufen) entscheiden musste. Dieses Stechen entschieden die Crumstädter Kerweborsch für sich und erhielten hierfür ein 30 Liter Faß Bier.

 

Nach Ende der Siegerehrung gratuliert Ehrenkerwevadder Erwin Schmenger den Kerweborsch zu dieser gelungenen Veranstaltung und äußerte den Wunsch das es im nächsten Jahr wieder solch eine Veranstaltung geben sollte. Die Crumstädter Kerweborsch erklärten sich dann als Sieger bereit diese Veranstaltung auszutragen.
Seit dem ist es zum Brauch geworden, dass der Sieger dieses Wettkampfes immer das nächste Kreis Kerweborsch-Treffen austrägt.

 

Im Jahr 2008 fand das Treffen schon zum 22. mal statt und mittlerweile nehmen über 20 Kerweborschgruppen teil. Sehr erfreut waren wir das wir es endlich mal wieder in unsere schöne Gemeinde holen konnten und so organisierten wir unter Mithilfe vieler Helfer eines der gelungsten Treffen der letzen Jahre. Mit einem 3 tägigen Programm und den Bands „Bix@Beer" und „Die Quietschboys, Hessens versauteste Rockband" wurde ordentlich auf dem Parkplatz des Stadions gefeiert.

 

Das Kreis-Kerweborsch-Treffen 2008 in Trebur
Das Kreis-Kerweborsch-Treffen 2008 in Trebur

 

Veränderungen im Verhalten der Kerwegewohnheiten führten dazu, dass ein Teil der Kerb in den letzten Jahrzehnten nach außen verlagert werden musste. Dies war Garant, dass das Interesse für die Kerb neu belebt wurde und viele neue Besucher angezogen wurden, die bisher nicht am Kerwegeschehen teilnahmen. Leider geht dadurch aber der Zuspruch im Saal beim Kerwetanz ein wenig zurück.

 

Das Kerwejahr 1999 war wieder ein besonderes Kerwejahr. Kerevadder Markus Moeck feierte mit seinen Kerweborschen die 50. Kerb nach dem Krieg. Seit damals richten die Altkerweborsch, die 1998 einen Verein gründeten, die Nachkerb in eigener Verantwortung aus. In den letzten Jahren wurde eine Kooperation der AKB und der Feuerwehr Trebur geschaffen, welche nun gemeinschaftlich das Nachkerweprogramm stemmen.

 

Bestimmt hat sich in den letzten Jahren das ein oder andere geändert, aber noch immer treiben wir die Kerwetraditionen voran und begehen mit einem 10tägigen Kerweprogramm eines der größten überhaupt.

 

An dieser Stelle soll noch all denen gedankt werden, die in der langen Treburer Kerwetradition zum gelingen der Kerwefeste beigetragen haben. Aber nicht nur die hier erwähnten Kerwevädder, sondern viele andere Kerweborsch auch, haben maßgeblich Anteil daran, dass die Trewwer Kerb weit über die Kreisgrenzen hinaus bestens bekannt und beliebt ist.